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Integration passiert nicht nebenbei

16.01.2020 CJD Bodensee-Oberschwaben « zur Übersicht

Der Jugendmigrationsdienst (JMD) des CJD Ravensburg wirbt um politische Unterstützung bei der Grünen-Bundestagsabgeordneten Agnieszka Brugger

Die Beratung und Begleitung von Menschen mit Migrationsbiografie ist ein wichtiger Bestandteil für gelungene Integrationsprozesse, insbesondere bei jungen Menschen. Für die Träger der Migrationsberatung ist es aufgrund der knappen personellen Ressourcen und andererseits seit Jahren stetig ansteigenden Fallzahlen, eine immer größer werdende Herausforderung. Davon konnte sich Agnieszka Brugger, Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, bei ihrem Besuch im CJD Ravensburg ein Bild machen. Der Jugendmigrationsdienst (JMD) des CJD Ravensburg hatte sie im Rahmen des bundesweiten Aktionstages der Jugendmigrationsdienste zum fachlichen Austausch eingeladen.

Bundesweit werden knapp 480 Jugendmigrationsdienste (JMD) durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert. Sie bieten jungen Menschen mit Zuwanderungsgeschichte vom 12. bis zum 27. Lebensjahr Beratung und Orientierung zu allen Themen und Anliegen. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie neu zugewandert oder schon länger in Deutschland lebend sind. In der Begleitung der jungen Menschen nehmen die Jugendmigrationsdienste (JMD) eine Mittlerfunktion ein: Sie begleiten die Ratsuchenden, schaffen Begegnung, setzen sich für deren Bedarfslagen in Gremien und bei Netzwerkpartnern ein und vernetzen Akteure im Zuständigkeitsbereich miteinander.

Seit 2015 sind die Fallzahlen der Jugendmigrationsdienste insgesamt um mehr als ein Drittel (34,3%) angestiegen, die Personalstellen wurden in dem selben Zeitraum jedoch lediglich um 8% erhöht. Das steht dem Auftrag der Jugendmigrationsdienste entgegen, der Zielgruppe eine umfassende und flächendeckende Begleitung bereitzustellen, bedauern Viktoria Kriwobok und Martin Bräuning vom JMD Ravensburg. Ihre Zuständigkeit erstreckt sich mit einem Stellenumfang von 2,2 Stellen auf den gesamten Landkreis Ravensburg. Neben der Beratung, Projekt- und Netzwerkarbeit, ist insbesondere das individuelle Case Management sehr arbeitsintensiv. Die Komplexität der Fälle habe in den letzten Jahren zugenommen und die Bedarfe der Klient*innen sind vielschichtiger geworden, berichtet Bräuning aus seiner alltäglichen Arbeit. Gleichzeitig seien immer wieder enorme Hürden zu überwinden, welche durch gesetzliche Rahmenbedingungen und behördliche Entscheidungen hervorgerufen werden und Integrationsprozesse ausbremsen oder sogar verhindern. "Um die Bedarfe ansatzweise zu decken, benötigen wir mindestens eine weitere Mitarbeiterstelle für den Bereich Allgäu", betont Viktoria Kriwobok.

Besonders interessiert zeigte sich Frau Brugger gegenüber dem Programm "Respekt Coaches", welches bundesweit an 300 Schulen für Schüler*innen mit und ohne Migrationsbiografie von den Jugendmigrationsdiensten umgesetzt wird. Über dieses Programm fördert das Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) das Demokratieverständnis junger Menschen und will sie so vor Extremismus allgemein sowie religiösem Extremismus schützen. Seit 2018 wurden so im Landkreis Ravensburg an der Edith-Stein-Schule und an der Kooperationsschule - der Gemeinschaftsschule Bergatreute - von der JMD-Mitarbeiterin Fatma Walther-Abdeldaiem, zahlreiche Angebote, wie Workshops, Planspiele oder Projekte, mit dem Ziel Prävention und Empowerment für Schüler*innen organisiert und durchgeführt.

Das Programm "Respekt Coaches" war zunächst auf 2 Jahre befristet und wurde vor wenigen Wochen vom Bundesfamilienministerium um ein weiteres Jahr verlängert. Die präventiven Angebote sind bei den Schülern*innen sehr beliebt. Für Lehrer*innen stellt dieses Programm einen wichtigen Baustein für eine nachhaltige Präventionsarbeit. Der JMD Ravensburg fordert daher, das Angebot zu entfristen und als Regelangebot zu etablieren.

Ähnlich verhält es sich mit einem weiteren Angebot des JMD Ravensburg. Die Jugendmigrationssozialarbeit an beruflichen Schulen (JuMiSa) wird durch das Landratsamt Ravensburg gefördert. Hier werden Schüler*innen in den VAB- und VABO-Klassen (Vorqualifizierungsjahr Arbeit und Beruf/ohne Deutschkenntnisse), auf dem Weg zu einem Schulabschluss, begleitet und unterstützt. Der JMD Ravensburg führt dieses Angebot seit 28 Jahren durch, hat aber keine Planungssicherheit, da seitens des Landratsamts jährlich neu über die Förderung entscheiden wird. "JuMiSa ist für den JMD die perfekte Schnittstelle zu den Schüler*innen an beruflichen Schulen und es ergeben sich viele Synergien bei Beratungsfällen oder in der gemeinsamen Projektarbeit", so Bräuning. Durch die Kooperation könne man ein Angebot aus einer Hand anbieten, das bei den Klienten*innen Verlässlichkeit schaffe. JuMiSa als Regelangebot des JMD zu etablieren, sei sinnvoll und angebracht, ergänzt Kriwobok.

Agnieszka Brugger, die das CJD und den Jugendmigrationsdienst bereits das zweite Mal zum fachlichen Austausch besuchte, zeigte sich gegenüber der Arbeit des JMD sehr interessiert und betonte die Wichtigkeit einer ganzheitlichen Integrationsarbeit. Sie versprach, die Themen und Wünsche in ihren Wirkungskreisen zu diskutieren und auf Lösungswege im Rahmen ihrer Möglichkeiten hinzuwirken.